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Nach­hal­tig­keits­ri­si­ko­ma­nage­ment im Fonds­be­reich

Ob­wohl vie­le Nach­hal­tig­keits­ri­si­ken kei­ne neu­en Ri­si­ken sind, ist eine Er­wei­te­rung be­stehen­der Rah­men­wer­ke er­for­der­lich, um die Ri­si­ken der lo­ka­len und welt­wei­ten Märk­te wei­ter­hin ef­fek­tiv ver­wal­ten zu kön­nen. An­sät­ze da­für las­sen sich u. a. im Kon­zept der «E­mer­ging Risks» fin­den.

von
Sö­ren Wag­nerRisk Management, Credit Suisse Funds AG
03.10.2023Weniger als eine Minute Lesezeit
Nachhaltigkeitsrisikomanagement im Fondsbereich

Was sind Nachhaltigkeitsrisiken?

Nachhaltigkeitsrisiken sind umweltbedingte, soziale oder unternehmensführungsbezogene Vorkommnisse, die eine negative materielle Auswirkung auf den Wert eines Investments oder Portfolios haben können. In den letzten Jahren hat sich der Fokus der Marktteilnehmenden und Regulatoren auf diese Risiken gerichtet und die Finanzbranche damit vor neue Herausforderungen gestellt: eine gewichtige ist die Integration von Nachhaltigkeitsrisiken in relevante Risikoprozesse.

 

Dabei stehen folgende Fragen im Fokus: Besteht bezüglich dieser Risiken ein homogenes Verständnis auf dem Markt und innerhalb einzelner Organisationen? Inwiefern besteht ein Konsens zu einschlägigen Risikopraktiken? Sind Nachhaltigkeitsrisiken völlig neu?

Wie unterscheiden sich Nachhaltigkeitsrisiken von anderen Risiken?

Je nach gesetzlichem Rahmenwerk eines Landes werden Nachhaltigkeitsrisiken als separate Risikoklasse oder Teil bestehender Klassen betrachtet. Unabhängig davon werden folgende Charakteristika Nachhaltigkeitsrisiken zugesprochen: Einerseits ist es die Langfristigkeit, mit der sich die Nachhaltigkeitsrisiken entfalten, andererseits ihre grosse Anzahl und Heterogenität.

 

Dies bringt zahlreiche Herausforderungen mit sich. Insbesondere die konsistente Messung über längere Zeit hinweg sowie hinsichtlich der Aggregation auf Portfolio-Ebene.

 

Des Weiteren weisen Nachhaltigkeitsrisiken Eigenschaften sogenannter «Emerging Risks» auf. Charakteristisch für deren Management ist ein effektiver Umgang mit Unsicherheit.

Welche sind die Grundpfeiler des Nachhaltigkeitsrisikomanagements?

 

Generelle Grundlagen

 

  • Einheitliche Definition von Nachhaltigkeitsrisikomanagement
    Zuerst muss sichergestellt werden, dass innerhalb der Organisation Klarheit darüber besteht, wie Nachhaltigkeitsrisiken definiert werden. Unter anderem sollte bewusst sein, dass Nachhaltigkeitsrisiken für alle Fonds relevant sind und nicht nur für solche mit einer Nachhaltigkeitsstrategie.
  • Bestimmung des Risikoappetits
    Die Bestimmung des Risikoappetits ist ein elementarer Prozess. Kriterien dafür sind unter anderem das Nachhaltigkeitsrisikoprofil der Zielländer1 oder Industrien2, in welche der Fonds investieren möchte. Darüber hinaus kann das Profil der Anlageklassen wichtige Informationen enthalten. Zum Beispiel bringen Wagniskapitalinvestments erhöhte Governance-Risiken mit sich.

 

Einblicke aus «Emerging Risk»-Managementkonzepten

 

  • Management von Unsicherheit, deren Akzeptanz und Transparenz
    Aufgrund der Vielzahl und Heterogenität von potenziellen Nachhaltigkeitsrisiken sind deren Identifikation, konsistente Messung und Aggregation auf Portfolioebene unabhängig von der ersten Verteidigungslinie ein weiterer wichtiger Grundpfeiler. Hierbei können Einblicke zu sogenannten «Emerging Risks» gewonnen werden.

    Im Wesentlichen dreht es sich darum, robuste Prozesse zu entwickeln, um mit Unsicherheit und der potenziellen Menge von neuen Risiken umzugehen. Der Fokus sollte darauf liegen, alle wesentlichen Risiken zu identifizieren und pragmatisch abbilden zu können. Es wäre nicht realistisch, alle relevanten Nachhaltigkeitsrisiken durch komplexe Modelle quantifizieren zu wollen.

    Dies könnte zu einem ineffizienten Umgang mit Ressourcen und zu Scheingenauigkeiten oder Ergebnissen mit vergleichsweise geringem Mehrwert führen. Es sei hier für weitere Ausführungen auf einen von der BaFin publizierten Artikel verwiesen4. Wesentliche Elemente etlicher Nachhaltigkeitsrisiken können qualitativ hinreichend gut abgebildet werden5.

Implementierungshinweise bzgl. des Nachhaltigkeitsrisikomanagements

 

  • Aufbauen auf bestehenden Prozessen
    Nicht alle Prozesse für Nachhaltigkeitsrisiken müssen notwendigerweise neu aufgesetzt werden. In einem ersten Schritt sollten bestehende Prozesse analysiert werden, da diese möglicherweise schon Nachhaltigkeitsrisken adressieren. Gerade in Pre-Investment-Analysen durchgeführten Investment Due Diligences werden schon seit jeher materielle Governance- und soziale Risiken berücksichtigt. Die Herausforderung liegt nun darin, diese auf Portfolio-Ebene zu aggregieren und sie konsistent zu messen.
  • Genaues Verständnis von externen Modellen und Daten
    Hier wird häufig der Nutzen von externen Nachhaltigkeitsrisiko-Ratinganbietern gesehen. Diese basieren typischerweise auf Methoden, bei denen über verschiedenste Anlageklassen hinweg Nachhaltigkeitsrisiken konsistent gemessen werden, was eine Aggregation auf Portfolioebene ermöglicht.

    Unterschiede in den verschiedenen Ratingmethoden können dabei zu abweichenden Beurteilungen von Nachhaltigkeitsrisiken führen. Das ist auch bei den Datengrundlagen für Modelle und Analysen zu beachten: Je nach Ratinganbieter bestehen individuelle Limitierungen der jeweiligen Methoden.

    Daher ist es besonders wichtig, sich dieser Limitierungen bewusst zu sein und entsprechende Prozesse aufzusetzen, um diese zu mindern und zu komplementieren.
  • Austausch mit Stakeholdern
    Zuletzt ist ein regelmässiger Austausch mit relevanten Stakeholdern ein besonders wichtiger Grundpfeiler.

Zwischenfazit für den Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken

Nachhaltigkeitsrisiken sind nicht grundsätzlich etwas Neues. Allerdings bieten nunmehr die expliziten regulatorischen Anforderungen zahlreiche Ansatzpunkte, um bestehende Risikorahmenwerke zu verbessern. Die Integration von Konzepten aus «Emerging Risk»-Leitfäden, ein effizienterer Umgang mit Unsicherheit und ein globaler Blick auf Risikoidentifikation und -management sind wichtige Bausteine für ein agileres und vollständigeres Risikomanagement.


Die Finanzindustrie steht gerade noch am Anfang, Nachhaltigkeitsfaktoren im Detail zu verstehen, sie in bestehende Prozesse zu integrieren und agil auf neue Entwicklungen, Erkenntnisse und Standards zu reagieren. Dabei muss der jeweilige gewählte Ansatz regelmässig hinterfragt und angepasst werden.

 

Quellen:

1Relevante, teils frei verfügbare Informationen können von relevanten Datenanbietern bezogen werden wie z. B der Weltbank (Sovereign ESG Data Portal (worldbank.org)).
2 Relevante Datenanbieter sind z. B. MSCI (ESG Industry Materiality Map – MSCI) oder SASB (Find Industry Topics – SASB).
3 Siehe z. B. «IRGC Guidelines for Emerging Risks – Guidance for the Governance of Unfamiliar Risks» (Guidelines for the Governance of Emerging Risks – IRGC).
4 BaFin – Fachartikel – Wie viele Mohnblumen sehen Sie? Risikomanagement zwischen Genauigkeit und Unsicherheit am Beispiel Nachhaltigkeit.
5 Beispiele: a) Wenn ein Immobilienportfolio starkem Hagel / starker Flut ausgesetzt ist, ist sichergestellt, dass eine entsprechende Gebäudeversicherung besteht? b) Wenn ein Zielunternehmen in der IT-Branche tätig ist, ist die Datensicherheit aller Produkte sichergestellt? c) Wenn ein Zielunternehmen sehr energieintensiv ist (z. B. Metallindustrie, Chemieindustrie usw.), sind die Energiequellen gut diversifiziert? Usw.