Das Haus an die Kinder überschreiben – was dabei zu beachten ist.
Wird Ihnen das grosse Familienheim mit Garten langsam zu viel? Könnten Ihre Kinder den Platz besser gebrauchen? Viele Erblasserinnen und Erblasser entschliessen sich aus dieser Überlegung heraus dazu, ihre Immobilie schon zu Lebzeiten an ihre Nachkommen zu vererben. Drei Möglichkeiten, wie Sie Ihr Haus an Ihre Kinder überschreiben.
Das Haus an die Kinder überschreiben: drei Varianten
Beispiel: Sie haben drei Kinder. Eines davon übernimmt die Immobilie.
1. Verkauf zum Verkehrswert
Zwar kein Vererben, aber dennoch eine Möglichkeit: Sie verkaufen einem Ihrer drei Kinder Ihr Haus zum Verkehrswert – also dem Wert, zu dem die Liegenschaft auf dem freien Markt zum Verkauf angeboten werden würde.
Rechenbeispiel
Der Verkehrswert Ihres Hauses beträgt CHF 1’000’000. Die Hypothek, die Ihr Kind übernimmt, beträgt CHF 400’000. Zu zahlen sind folglich noch CHF 600’000. Nun kann Ihr Kind die CHF 600’000 aus Ersparnissen und einer Aufstockung der Hypothek bezahlen. Oder Sie gewähren ihm ein Darlehen von CHF 600’000 für den Hauskauf.
Erbrechtliche Folgen
Da der Marktwert der Immobilie gezahlt wurde, greifen keine erbrechtlichen Pflichten – weder für Sie noch für Ihr Kind. Ferner bleiben Sie finanziell stabil genug, um allfällige Pflegekosten im Alter zu decken. Zu beachten ist, dass Sie als Verkäuferin oder Verkäufer eine Grundstückgewinnsteuer zu zahlen haben. Einige Kantone verlangen zusätzlich auch eine Handänderungssteuer.
2. Verkauf unter Verkehrswert (Erbvorbezug)
Sie übertragen einem Ihrer drei Kinder das Haus unter dem tatsächlichen Marktwert mit der Vereinbarung, dass die Differenz später im Erbgang zu berücksichtigen ist.
Rechenbeispiel
Ihr Haus hat einen Marktwert von CHF 1’000’000 mit einer Hypothek von CHF 400’000. Sie verkaufen das Haus an Kind A jedoch lediglich für einen reduzierten Preis von CHF 700’000. Dabei übernimmt Ihr Kind die Hypothek von CHF 400’000 und zahlt Ihnen die restlichen CHF 300’000.
Erbrechtliche Folgen
Ihr Kind hat folglich CHF 300’000 nicht bezahlt beziehungsweise rechtlich betrachtet als Erbvorbezug erhalten. Bei Ihrem Tod wird dieser Betrag Kind A als Erbvorbezug an seinen Erbteil angerechnet. Es steht daher in der Ausgleichspflicht gegenüber seinen beiden Geschwistern, die dann in der Erbteilung je einen um CHF 100’000 höheren Erbanspruch haben.
Auch eine allfällige Wertsteigerung der Immobilie zwischen dem Erbvorbezug und dem Todeszeitpunkt muss ausgeglichen werden. Ist die Liegenschaft bei der Überschreibung an das Kind CHF 1’000’000 wert, dann aber CHF 1’200’000 beim Zeitpunkt Ihres Ablebens, sind das CHF 200’000 Unterschied. Kind A muss also in der Erbteilung weitere CHF 200’000, das heisst total CHF 500’000 zur Ausgleichung bringen. Der Anspruch der beiden Geschwister erhöht sich nochmals jeweils um CHF 66’667 (CHF 500’000 : 3 = CHF 166’667).
Eltern können das jedoch verhindern, indem sie in einem notariell beurkundeten Abtretungsvertrag festhalten, dass im Erbfall kein Ausgleich auf den Mehrwert gezahlt werden muss. Die Befreiung von der Ausgleichung des Wertzuwachses kann auch in einem Testament erfolgen.
3. Übertragung ohne späteren Ausgleich (Schenkung)
Mit einer teilweisen oder einer vollständigen Schenkung überschreiben Sie einem Ihrer Kinder das Eigentum am Haus, ohne dass das Kind sich später in der Erbteilung den unentgeltlichen Anteil anrechnen lassen muss.
Rechenbeispiel
Ihr Haus im Wert von CHF 1’000’000 überschreiben Sie an Kind A. Im Gegenzug übernimmt das Kind die Schuldpflicht für die Hypothek von CHF 400’000. Sie vereinbaren, dass die Differenz von CHF 600’000 zum Verkehrswert als geschenkt gilt und später nicht an seinen Erbteil anzurechnen ist.
Erbrechtliche Folgen
Bei Ihrem Ableben muss Kind A die CHF 600’000 einschliesslich des Mehrwerts der Immobilie zum Todeszeitpunkt nicht an seine Geschwister ausgleichen.
Achtung: Bei Erbvorbezügen und insbesondere bei Schenkungen muss sichergestellt sein, dass Pflichtteile der anderen Kinder nicht verletzt werden. Zudem sollte in Betracht gezogen werden, dass Eltern mit dem teilweisen oder vollständigen entschädigungslosen Übertrag des Hauses von ihren Kindern finanziell abhängig werden könnten – und so nicht mehr in der Lage sind, eventuelle hohe Pflegekosten im Alter selbst zu bezahlen.
Das Haus im Pflegefall aufs Kind überschreiben
Viele Eigenheimbesitzer befürchten, ihr Haus im Alter verkaufen zu müssen, um die Kosten für teure Aufenthalte im Pflegeheim begleichen zu können. Um dies zu verhindern und das Vermögen für ihre Erben zu erhalten, überlegen sie, das Haus an die Nachkommen zu übertragen. Denn ist die Immobilie nicht mehr in ihrem Besitz – so die Vorstellung – hätten sie bei Bedarf Anspruch auf staatliche Ergänzungsleistungen (EL).
Hier liegt ein Irrtum vor. Denn die Behörden berücksichtigen bei der Anspruchsberechnung auch freiwillig abgetretenes Vermögen, abzüglich CHF 10’000 pro Jahr seit der Schenkung. Die Abtretung wirkt sich also negativ auf die Höhe der EL aus. Seit der EL-Reform im Jahr 2021 gilt zudem: Nach dem Tod einer EL-Bezügerin oder eines EL-Bezügers müssen die Erbberechtigten die in den letzten zehn Jahren bezogenen EL zurückerstatten. Dies jedoch nur, wenn der Nachlass CHF 40’000 übersteigt.
Bei Ihren Überlegungen sollten die Pflegekosten aber nicht übergewichtet werden. Ihre finanzielle Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit sind wichtiger, als das Haus möglichst früh an Ihre Erbin oder Ihren Erben zu überschreiben.
Wohnrecht oder Nutzniessung einräumen
Die Nutzniessung und das Wohnrecht ermöglichen Ihnen, Ihr Haus an die Nachkommen zu übertragen und praktisch unverändert über die Liegenschaft zu verfügen.
Beim Wohnrecht können Sie lebenslang im Haus wohnen und kommen nur für die gewöhnlichen Unterhaltskosten wie Strom- und Betriebskosten auf. In der Regel versteuern Sie in diesem Fall den Eigenmietwert als Einkommen.
Bei der Nutzniessung können Sie das Haus selbst bewohnen oder die Immobilie vermieten und den Mietzins einnehmen. Sie versteuern den Eigenmietwert beziehungsweise den Mietertrag und zahlen die Vermögenssteuer. Zusätzlich begleichen Sie die Hypothekenzinsen und Versicherungsprämien – exakt wie bisher als Eigentümerin oder Eigentümer.
Die Einräumung eines Nutzniessungs- oder Wohnrechts stellt grundsätzlich eine Gegenleistung des Übernehmers dar. Es lohnt sich sehr, vorgängig die steuerlichen Konsequenzen auf die Übertragung Ihrer Immobilie abzuklären. Wenn Sie weiter in Ihrem Familienheim wohnen bleiben, kann das auch Auswirkungen auf die erbrechtlichen Ausgleichungspflichten haben.
Haus richtig überschreiben und Werte erhalten
Liegenschaftsübertragungen sind keine einfache Angelegenheit. Erblasserinnen und Erblassern empfiehlt sich daher eine kompetente Beratung. Die Erbschaftsfachleute der Credit Suisse unterstützen Sie professionell und finden gemeinsam mit Ihnen die beste Lösung für alle Beteiligten.