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Katastrophenanleihen sind eine spannende Alternative

Lohnende Investitionsmöglichkeiten im Festzinsbereich sind derzeit rar gesät. Eine Alternative könnten Katastrophenanleihen sein. Diese CAT-Bonds bieten attraktive Zinsen bei relativ geringen Risiken. Im Interview beantwortet Joachim Klement, Leiter Thematic Research bei der Credit Suisse, die wichtigsten Fragen zu dieser relativ jungen Anlageklasse.

Für Privatkunden ist die Möglichkeit, in Katastrophenanleihen (kurz CAT-Bonds) zu investieren, noch recht neu. Entstanden sind sie 1992 nach dem Hurrikan Andrew, der an Floridas Küste und auf den Bahamas ein Bild der Zerstörung hinterliess. Die Schadenssumme belief sich auf 26 Milliarden US-Dollar. Versicherer suchten in der Folge neue Wege, um Schäden rückversichern zu können – und wurden an den Finanzmärkten fündig.

Mit Katastrophenanleihen werden spezifische Risiken abgesichert, beispielsweise Erdbeben in Japan oder Wirbelstürme in einer bestimmten Region in den USA. Dies gegen einen attraktiven Zins sowie eine Risikoprämie. Tritt das versicherte Ereignis nicht ein, erhalten die Anleger am Ende der Laufzeit das investierte Kapital zurück, zuzüglich Zinsen. Andernfalls werden mit der Anleihe die Schäden beglichen. Der Investor verliert in diesem Fall einen Teil des Geldes oder kann sogar einen Totalverlust erleiden.

Seit einigen Jahren können nicht nur institutionelle Anleger in solche Produkte investieren, sondern auch Privatpersonen. CAT-Bonds seien eine interessante Alternative zu den Festzinsanleihen, sagt Joachim Klement, Leiter Thematic Research bei der Credit Suisse.

Wie kann ich als Privatanleger in Katastrophenanleihen investieren?

Joachim Klement*: Für Privatanleger ist es sehr schwierig, direkt in einen CAT-Bond zu investieren. Das ist aber auch nicht empfehlenswert. Diese Bonds sind sehr komplex. Ich persönlich würde nie eine einzelne Katastrophenanleihe kaufen. Um diese zu verstehen, braucht es Spezialisten. Private können aber in entsprechende Fonds anlegen, die im Schnitt 50 bis 60 Katastrophenanleihen beinhalten.

Wie viele dieser Fonds gibt es derzeit?

Im Fund Lab sind zurzeit fünf solche Fonds aufgelistet, einer davon von der Credit Suisse. Investiert werden kann in Franken, Dollar, Euro oder Pfund, wobei Fremdwährungen meist abgesichert sind.

CAT-Bonds versichern Naturkatastrophen. Kann ich auch in Produkte investieren, die menschliches Versagen absichern, wie zum Beispiel ein Schiffsunglück oder ein Flugzeugabsturz?

Es gibt solche Produkte innerhalb der Insurance Linked Strategies. Privatinvestoren können in entsprechende Fonds anlegen. Diese Fonds investieren typischerweise in mehrere CAT-Bonds sowie weitere Rückversicherungen. Generell ist der Anteil an Schifffahrts- und Luftfahrtrisiken jedoch sehr gering, er liegt bei unter drei Prozent.

Bislang gab es nur einzelne CAT-Bonds, die nicht das ganze Kapital zurückzahlten.

Joachim Klement

CAT-Bonds werden für ihr tiefes Risiko und den hohen Zins gelobt. Gleichzeitig ist aber im Falle der Katastrophe ein Totalverlust möglich. Wie hoch ist das Risiko tatsächlich?

In der Geschichte gab es bislang nur einzelne CAT-Bonds, die nicht das ganze Kapital zurückzahlten. Hurrikan Katrina 2005, Hurrikan Ike 2008 und Fukushima 2011 führten zu einem nahezu hundertprozentigen Verlust in jenen Bonds, die diese Ereignisse versicherten. Das zeigt: Die schlimme Katastrophe ist äusserst selten, führt aber in der Regel zu einem Verlust von über der Hälfte des Kapitals. Anders sieht es bei den Fonds aus. Hier hilft die Diversifikation, das Risiko abzufedern. Selbst nach den drei grossen Katastrophen lagen die Verluste im Bereich von lediglich drei bis vier Prozent.

Die Risiken für Naturkatastrophen steigen mit der Klimaerwärmung. Steigen demnach auch die Risiken für Anleger? Könnten zum Beispiel die Berechnungs-modelle der Versicherungen falsch sein?

Die Versicherungsbranche kann Ereignisse extrem gut modellieren. Sie weiss genau, wie stark zum Beispiel der Wind bei einem Hurrikan sein muss, damit dieser das Dach abhebt oder sich das Haus vom Fundament löst. In diesen Modellen ist der Klimawandel berücksichtigt. Dass diese präzise sind, ist auch im Interesse der Versicherungen.

Wieso das?

Die Versicherung haftet bis zu einer bestimmten Summe für Schäden selber, ähnlich wie beim Krankenkassenmodell mit der Franchise, die jeder Patient selber trägt. Als zweites kommen Rückversicherungen für die Schäden auf. Drittinvestoren haften erst als dritte Instanz und dies auch nur, wenn die Schadenssumme sehr hoch ist. Selbst wenn also die Modelle falsch sein sollten, ist der Puffer riesig, bis CAT-Bonds zahlen müssen. Diese müssen erst bei einer verheerenden Naturkatastrophe mit grosser Schadenssumme einspringen. Beim letztjährigen Hurrikan Matthew beispielsweise haftete vollumfänglich der Versicherer.

Die Zinsen für CAT-Bonds sind aufgrund der grossen Investorennachfrage und der allgemein hohen Liquidität durch Nullzinsanleihen gesunken. Sind CAT-Bonds überhaupt noch attraktiv?

Ja. Die Risiken werden immer noch adäquat entschädigt im Vergleich zu Hochzinsanleihen, sogenannten Junk-Bonds, oder Unternehmensanleihen, deren Zinsniveau ebenfalls gesunken ist. Attraktiv sind CAT-Bonds insbesondere auch, weil sie viel weniger volatil sind.

Katastrophenanleihen sind attraktiv zur Diversifikation des Portfolios. Sie haben andere Kurstreiber als beispielsweise Aktien.

Joachim Klement

Und im Vergleich zu anderen Produkten?

Zur Diversifikation des Portfolios sind sie attraktiv. Ihre Erträge sind relativ stabil. Zudem spielen andere Kurstreiber eine Rolle als beispielsweise bei Aktien. Erdbeben erfolgen völlig unabhängig von den Ereignissen an den Finanzmärkten. Daher sind sie als «kleine Beimischung» gut.

Sie betonen «kleine Beimischung». Wieso?

Tatsächlich sollten CAT-Bonds einen Anteil von maximal fünf Prozent haben. Denn sie bergen auch Risiken. Insbesondere ist die Liquidität der Fonds nicht die beste, beispielsweise bezüglich der Rücknahme des Geldes. Oft ist dies nur alle zwei Wochen möglich oder gar nur monatlich.

Welche Rendite ist mit CAT-Bonds noch realistisch?

CAT-Bonds haben eine Rendite von bis fünf Prozent in den letzten fünf Jahren generiert.

Bei CAT-Bonds verdiene ich mit Naturkatastrophen Geld. Haben Sie keine moralischen Bedenken, solche Produkte zu empfehlen?

Es ist nicht so, dass Anleger Geld verdienen, wenn Katastrophen geschehen. Im Gegenteil: Sie begeben sich auf die Seite der Versicherer. Nur wenn das Ereignis nicht eintritt, generieren CAT-Bonds eine Rendite. Ausserdem steht dank Katastrophenanleihen mehr Kapital für Versicherungen zur Verfügung. Dadurch können Menschen beispielsweise ihre Häuser versichern und werden durch eine Naturkatastrophe nicht in den Ruin getrieben.

Bedenklich ist allerdings, dass CAT-Bonds nur in entwickelte Länder investieren, nicht aber in Länder der Dritten Welt. Dort ereignen sich statistisch gesehen aber mehr Naturkatastrophen.

Diese Länder sind schlicht zu arm, um die Versicherungsprämien zu bezahlen. Obwohl der Hurrikan Matthew in Haiti immensen Schaden anrichtete, gab es keinen Bond, der dafür aufkam. Es ist ein Dilemma: Zwar sind die Versicherungsprämien dank den CAT-Bonds gesunken, weil diese den Pool der Gelder für Versicherungspolicen vergrössern. Davon profitieren aber nur reiche Länder wie die USA und Japan oder auch Länder in Europa. Entwicklungs¬länder gehen leer aus. Ein Bereich mit Zukunft sind allerdings Mikroversicherungen, die – ähnlich wie Mikrokredite – armen Menschen Zugang zu Finanzdienstleistungen ermöglichen.

Die Credit Suisse hat einen hohen Anteil am Geschäft mit der Katastrophen-absicherung. Wieso das?

Die Credit Suisse war eine der ersten Banken, die in diese Anlageklasse investierte, respektive ehemals die Bank Clariden Leu, deren Geschäft in die Credit Suisse integriert wurde. So war sie zusammen mit der Liechtensteiner LGT mit die erste Bank in der Branche, die diese Form der Anlage anbot.