Pensionskassen integrieren vermehrt ESG in den Anlageprozess
ESG-Kriterien (Umwelt, Soziales, Unternehmensführung) werden auch im Anlageprozess von Schweizer Pensionskassen zunehmend wichtiger. Das zeigt sich nicht nur in den sich wandelnden moralischen Wertvorstellungen, sondern auch in konkreten Zahlen. Nachhaltige Investments finden in der Anwendung aber unterschiedlich statt.
Nachhaltigkeitsüberlegungen manifestieren sich zunehmend im Anlageprozess
Infolge des erhöhten Nachhaltigkeitsbewusstseins steht für Schweizer Vorsorgeeinrichtungen vermehrt nicht mehr ausschliesslich die Erzielung der nötigen Rendite im Vordergrund. Zwar soll diese gemäss gesetzlichem Auftrag der zweiten Säule die Verpflichtungen der Institution langfristig decken. Gleichzeitig wird jedoch von den Versicherten und der Öffentlichkeit immer mehr gefordert, dass die Rendite auch «sozial» sein soll.
Das heisst, dass bei den Anlageentscheiden nicht mehr nur traditionelle Kriterien, sondern auch ESG-Aspekte Berücksichtigung finden sollen. Auch die treuhänderische Sorgfaltspflicht wird zunehmend so interpretiert, dass nachhaltige Überlegungen, sofern sie finanziell wesentlich sind, Teil der ökonomischen Chancen und Risiken darstellen und entsprechend einfliessen sollen.
Wie Pensionskassen den Anlageprozess nachhaltiger gestalten
Der Weg zu einer fundierten, individuellen Nachhaltigkeitspolitik der einzelnen Vorsorgeeinrichtung beginnt mit der Diskussion im Stiftungsrat. Dieser erarbeitet das kassenspezifische Nachhaltigkeitsverständnis als zentrale Grundlage. Auf dieser Basis kann die Nachhaltigkeitspolitik danach schrittweise in alle Stufen des strategischen Anlageprozesses integriert werden: von der Konzeption, über die Umsetzung bis hin zur Erfolgskontrolle.
ESG wird über unterschiedliche Ansätze berücksichtigt
Die aktuelle Pensionskassenumfrage zeigt einen zunehmenden Anteil an Vermögen, der nach ESG-Kriterien angelegt wird. Der Anteil der Pensionskassen, die über 60 Prozent ihrer Vermögen mit Nachhaltigkeitsfokus investieren, ist von 10,.8 Prozent vor drei Jahren auf gegenwärtig 28 Prozent angestiegen. Knapp die Hälfte der Teilnehmenden erwartet, bis 2024 zu mehr als 60 Prozent nachhaltig investiert zu sein. Dabei wenden Pensionskassen unterschiedliche Ansätze an; der Grossteil von ihnen mehrere gleichzeitig.
Drei Viertel der Umfrageteilnehmenden schliessen Unternehmen oder Branchen aus dem Anlageuniversum aus, die gegen bestimmte Kriterien oder Normen verstossen. Die vom Schweizer Verein für verantwortungsbewusste Kapitalanlagen (SVVK) publizierte Liste bildet dabei eine Grundlage, die sich immer mehr zum Branchenstandard etabliert. 60 Prozent der Pensionskassen orientieren sich generell an den Empfehlungen des SVVK. ESG-Integration und ESG-Engagement sind mit 70 Prozent respektive 51,4 Prozent verbreitete Ansätze des nachhaltigen Investierens.
Ausgeschlossen werden Unternehmen, die aufgrund ihrer Tätigkeit (beispielsweise in den Bereichen Waffen und Pornografie), ihres hohen CO2-Fussabdrucks, ihres Verhaltens in Bezug auf Arbeits- und Menschenrechte oder ihres korrupten Verhaltens negativ auffallen.
Pensionskassen legen auch in Schwellenländern ESG-konform an
Die aufgeführten nachhaltigen Anlageansätze kommen primär in der Schweiz, in Europa und in Nordamerika zur Anwendung. Die Erschliessung von zusätzlichen Renditequellen sowie die Reduktion des Anlagerisikos bewegen Vorsorgeeinrichtungen jedoch auch zu nachhaltigen Anlagen in Schwellenländern – insbesondere in China.
Der Anteil nachhaltig investierter Vermögen ist bei Aktien in allen Regionen am höchsten. 90 Prozent der Studienteilnehmenden geben an, mindestens einen Viertel der Aktienallokation in entwickelten Ländern nachhaltig umgesetzt zu haben. Bei den Aktien in Schwellenländern wird von der Hälfte ein Viertel ESG-konform umgesetzt. Unternehmens- und Staatsanleihen werden von über 10 Prozent der Befragten auch in China nachhaltig umgesetzt.
Es gibt Hindernisse auf dem Weg zum ESG-konformen Investieren
Zu den zentralen Beweggründen für nachhaltiges Investieren zählen primär die Überzeugung, aber auch Reputationsrisiken sowie aktuelle und künftige regulatorische Entwicklungen.
Die Intransparenz der ESG-Daten wird hingegen von vier von fünf Pensionskassen als Hürde wahrgenommen. Und rund die Hälfte sieht in der Unterscheidung zwischen Greenwashing und Anlagen mit nachhaltig positiver Wirkung in Bezug auf die ESG-Kriterien eine Herausforderung. Auch die unklare Performanceauswirkung von Nachhaltigkeit, die damit verbundenen Kosten und die mangelnden Ressourcen werden als Hindernisse genannt.
Externe Unterstützung für ESG-konforme Anlagebestrebungen
Betrachtet man schliesslich die in der Umfrage angegebenen Hindernisse, überrascht es nicht, dass viele Pensionskassen bei ihren Nachhaltigkeitsbestrebungen auf externe Unterstützung zurückgreifen. Dabei werden primär die Dienstleistungen von Banken und Vermögensverwaltern in Anspruch genommen, gefolgt von Consultants und Nachhaltigkeitsagenturen.