Vererben für Alleinstehende
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Vererben ohne Erben: Das müssen Alleinstehende wissen

Was passiert, wenn eine unverheiratete Person verstirbt, ohne Erbvorkehrungen getroffen zu haben? Sonja Keller musste dies beim Tod ihres Lebenspartners erfahren. Selbst alleinstehend, ergriff sie in der Folge die Initiative und realisierte, wie viel Freiheit sich ihr in der Nachlassplanung bot.

Vor vier Jahren setzt Sonja Keller, 52, einen lang gehegten Traum in die Tat um: Sie eröffnet ihr eigenes Café. Viele Freunde helfen ihr in der Anfangszeit, am meisten ihr Partner Felix, ein Werbefotograf. Nur ein halbes Jahr nach der Eröffnung verunglückt Felix tödlich beim Wandern. Heute sagt Sonja Keller, es sei das Café gewesen, das ihr damals am meisten geholfen habe – eine Aufgabe, die es zu erfüllen galt, aber auch die vielen warmherzigen Menschen, die ihr täglich bei der Arbeit begegneten.

Der Tod war im Leben von Felix nicht vorgesehen

Sonja und Felix sind, als er stirbt, seit fünf Jahren ein Paar. Heiraten ist für beide nie ein Thema gewesen. Sie hatten gemeinsam in einer grossen Wohnung gelebt, und nun muss sich Sonja mit dem Nachlass von Felix auseinandersetzen. Er hatte ganz in der Gegenwart gelebt. Sein Beruf als Fotograf war zugleich seine Leidenschaft, mindestens einmal im Jahr unternahm er eine grössere Reise. Mit dem Tod hatte er sich nie beschäftigt – und für diesen Fall, den er wohl noch lange nicht erwartete, auch nichts geplant.

Die gesetzliche Erbfolge begünstigt zwei entfernte Cousins von Felix

Felix hatte keine Kinder, keine Geschwister, und seine Eltern leben nicht mehr. Erben in der näheren Verwandtschaft existieren somit nicht. Es gibt allerdings zwei Cousins väterlicherseits in Brasilien. Ein einziges Mal war Felix dieser Familie begegnet, auf einer Reise vor etwa zwanzig Jahren. Diese beiden Männer in Brasilien würden nun das gesamte Vermögen von Felix erben. Da Felix und Sonja im Konkubinat zusammengelebt hatten, steht ihr nichts zu, denn das Gesetz sieht für Konkubinatspartner keine gegenseitigen erbrechtlichen Ansprüche vor.

Die gesetzliche Erbfolge in der Schweiz

Parentelenordnung Schweizer Erbrecht

Die gesetzliche Erbfolge gliedert sich in drei Parentelen. Die Erbberechtigung setzt bei der ersten Parentel an und geht jeweils dann ins nächste über, wenn keine Erben vorhanden sind.
Quelle: Wealth Planning, Credit Suisse

Das Schweizer Erbrecht gliedert sich in drei Parentelen:

1. Parentel

An erster Stelle in der Erbfolge stehen die Ehegattin oder der Ehegatte (bzw. die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner) sowie die Kinder der Erblasserin / des Erblassers. Die Kinder sind alle zu gleichen Teilen erbberechtigt, ob sie nun aus einer früheren Ehe stammen, unehelich sind oder aus einer aktuellen Verbindung kommen.

2. Parentel

Sind weder Kinder noch eine Ehepartnerin oder ein Ehepartner vorhanden, geht das Erbe im Stammbaum eine Stufe hoch zu den Eltern der Erblasserin / des Erblassers. Sind diese bereits verstorben, werden weitere Kinder der Eltern berücksichtigt, also die Geschwister der Verstorbenen / des Verstorbenen, in einem weiteren Schritt dann deren Nachkommen.

3. Parentel

Sind in der zweiten Parentel keine Erben vorhanden, geht das Erbe eine weitere Stufe nach oben zu den Grosseltern und, wenn diese verstorben sind, zu deren Nachkommen.

Wie hätte Felix seinen Nachlass planen können?

Felix hätte vor seinem Tod mit einem Testament oder einem Erbvertrag die Erbfolge frei regeln können. Denn vom Gesetz werden nur gewisse Personengruppen durch die sogenannten Pflichtteile geschützt.

Pflichtteilsberechtigt sind:

  • die Ehegattin / der Ehegatte oder die eingetragene Partnerin / der eingetragene Partner
  • die Nachkommen

Einschränkungen durch Pflichtteile wären in der Erbfolge von Felix nicht zu berücksichtigen gewesen, weil er unverheiratet war und keine Nachkommen hatte. Die freie Quote betrug bei Felix folglich 100 Prozent. Er hätte ohne Einschränkungen über sein gesamtes Vermögen verfügen können. Felix hätte also mit einem Testament oder einem Erbvertrag seine Cousins vom Erbrecht ausschliessen können.

Sonja grämt sich nicht über das entgangene Erbe. Das entspricht nicht ihrem Naturell. Den Cousins in Brasilien hat das unverhoffte Erbe neue Möglichkeiten eröffnet. Sonja ist allerdings erleichtert, dass die Erben auf den Hausrat und die persönlichen Dinge ihres verstorbenen Cousins verzichten und diese stattdessen Sonja Keller schenken.

Nachlassplanung frühzeitig in die Hand nehmen

Dennoch wirft der Tod ihres Lebenspartners bei Sonja Keller eine Reihe von Fragen auf: Was würde in ihrem eigenen Todesfall mit den Dingen, die sie liebt, und mit ihrem Vermögen geschehen? Würde alles an den Staat fallen? Was sind die Alternativen? Sie verspürt den dringenden Wunsch, ihre Erbschaftsplanung selber in die Hand zu nehmen und ihre Angelegenheiten zu ordnen. In einer Erbschaftsberatung findet sie Antworten auf ihre Fragen.

Wer erbt, wenn man alleinstehend ist und es keine gesetzlichen Erben gibt?

Sonja Keller ist ein Einzelkind. Auch in der zweiten und dritten Parentel sind keine Erben vorhanden. Ohne die von ihr getroffenen Vorbereitungen wäre bei ihrem Tod ihr gesamtes Vermögen zwischen Kanton und Wohngemeinde aufgeteilt worden. Sie hat nun testamentarisch verschiedene Vermächtnisse definiert und gleichzeitig eine Stiftung als Alleinerbin eingesetzt.

An diese Stiftung wird nach Sonjas Tod der grösste Teil ihres Vermögens fallen. Die Stiftung unterstützt ein Projekt für bedürftige und leidgeprüfte Kinder in den brasilianischen Favelas. Es macht Sonja glücklich, dass sie damit vielleicht im Sinne von Felix handelt, der ein Jahr vor seinem Tod eine eindrückliche Fotodokumentation über die Favelas in Rio de Janeiro produziert hatte.