So beeinflussen Eltern das Finanzverhalten ihrer Kinder
Freunde, Medien und auch die Schule beeinflussen das Finanzverhalten von Kindern. Am stärksten geprägt werden ihre finanziellen Entscheide aber immer noch von den Eltern. Das sagt auch Wirtschaftspädagogin Prof. Dr. Carmela Aprea. Im Interview erklärt sie, wie Eltern das Finanzverhalten ihrer Kinder beeinflussen und was dabei zu beachten ist.
Frau Aprea, man sagt ja, dass Eltern ein wichtiges Vorbild für ihre Kinder sind und diese entscheidend prägen. Können Sie sich noch an eine Finanzweisheit Ihrer Eltern erinnern?
Ja, und zwar wurde mir beigebracht, auf die Qualität zu achten. Also lieber weniger, dafür in guter Qualität.
Sind Sie diesem Leitsatz bis heute treu geblieben?
Leider nicht immer. Bei einem Schnäppchen im Ausverkauf oder im Urlaub lasse ich mich manchmal schon zu einem Kauf verleiten, den ich dann bereue. Da gab es vielleicht schon einmal ein Paar Schuhe oder ein Kleidungsstück, das ich dann nur einmal getragen habe. Trotzdem würde ich im Grossen und Ganzen sagen, dass ich diesem Leitsatz ziemlich treu geblieben bin.
Auch in der Credit Suisse Taschengeld-Studie wurden Eltern befragt, was sie ihren Kindern mitgeben. Die Leitsätze «Geld fällt nicht vom Himmel» und «Lebe nicht über deinen Verhältnissen» wurden dabei am häufigsten genannt. Was meinen Sie dazu?
Da wird klar, dass die Schweiz ein calvinistisch geprägtes Land ist – also Tugenden wie Fleiss oder Mässigung sind wichtig. Gegen diese Grundsätze kann man ja auch nicht ernsthaft etwas haben. Ich denke, es ist vor allem wichtig, dass sich Eltern auch nach dem Leitsatz verhalten. Ausserdem sollten wir unsere Kinder darauf vorbereiten, dass sie später vielleicht auf Menschen treffen, die nicht nach diesen Grundsätzen leben. Deshalb ist es wichtig, ihnen auch Stärke und Selbstvertrauen mitzugeben, damit sie trotzdem an den gelernten Grundsätzen festhalten. Denn für Finanzentscheide braucht es manchmal auch eine Portion Selbstbewusstsein.
Wie prägen Eltern das Finanzverhalten ihrer Kinder überhaupt?
Aus der Finanzsozialisation wissen wir, dass es vier verschiedene Kanäle gibt, die das Finanzverhalten prägen – teilweise eher explizit, teilweise eher implizit. Ein wichtiger expliziter Punkt ist die Finanzerziehung. Das heisst, wenn man einem Kind erklärt, wie man zum Beispiel einen Haushaltsplan aufstellt, Geld einteilt oder wie das mit dem Bankkonto funktioniert. Ebenfalls zur expliziten Finanzsozialisation gehört das Ermöglichen von Gelderfahrungen, indem Eltern ihren Kindern zum Beispiel Taschengeld geben. Auf der anderen Seite beeinflussen Eltern ihre Kinder implizit, wenn sie Finanzentscheide zu Hause besprechen: Welche Anschaffungen müssen gemacht werden? Was können wir uns leisten? Das bekommen Kinder mit und lernen dadurch. Auch, weil sie das Verhalten der Eltern wahrnehmen. Ein weiterer wichtiger Punkt: Eltern sind Vorbild, und ihre Kinder orientieren sich an ihnen.
In welchem Alter haben Eltern den stärksten Einfluss auf das Finanzverhalten ihrer Kinder?
Um diese Frage zu beantworten, muss man verstehen, dass das Finanzverhalten nicht nur durch die vorher angesprochenen Kanäle geprägt wird. Grossen Einfluss haben auch allgemeine Werte und Normen, die Eltern ihrem Kind mitgeben. Dazu gehört unter anderem auch Leistungsmotivation, Selbstkontrolle oder der sorgfältige Umgang mit Ressourcen. Diese allgemeinen Einstellungen werden schon bei Kindern im Primarschulalter geprägt. Die explizite finanzielle Sozialisation und auch die eigenen Gelderfahrungen erfolgen vermutlich erst zu einem späteren Zeitpunkt, weil «Gelddinge» relativ komplex sind und eine gewisse Entwicklung voraussetzen.
Wenn Eltern ihrem Kind einmal eine Überzeugung mitgegeben haben: Sollten sie an dieser festhalten, oder kann man diese problemlos revidieren?
Grundsätzlich kann man seine Überzeugungen sicherlich revidieren. Entscheidend ist Verlässlichkeit, Vertrauen und wie authentisch die Eltern sind. Kinder sollten schon im frühen Alter ein Gespür dafür haben, was nur aus Prinzip so ist oder wofür es gute Gründe gibt. Kinder sollten lernen, flexibel mit Geld umzugehen. Ich denke, wir leben in einer Konsumgesellschaft, und die Herausforderungen werden dank Onlineshopping und Co. nicht weniger. Solche Entwicklungen sind nicht zu verteufeln. Aber sie erfordern, dass man mal etwas revidieren muss – natürlich nicht jeden Tag.
Kinder sollten schon im frühen Alter ein Gespür dafür haben, was nur aus Prinzip so ist oder wofür es gute Gründe gibt.
Prof. Dr. Carmela Aprea
Zum Abschluss: Wie stark beeinflussen die Faktoren Eltern, Freunde, Schule und Medien das Finanzverhalten? Was ist Ihre Einschätzung auf einer Skala von 1 bis 10: 1 bedeutet dabei keine, 10 eine sehr hohe Beeinflussung.
Eltern: 10. Eltern haben definitiv den grössten Einfluss auf ihre Kinder.
Freunde: 8, weil sich Freunde gegenseitig stark beeinflussen.
Schule: 6. Das könnte besser sein. Im Moment sind viele Konzepte in Ausarbeitung, um Finanzthemen besser in den Unterricht zu integrieren. Ich denke, hier sollte man auch stärker versuchen, die Finanzerziehung der Eltern mit der Finanzerziehung der Schule zu verbinden. Es wäre ungünstig, wenn die Kinder Unterschiedliches lernen würden.
Medien: 5/6. Ich glaube, die Medien sind im Moment so schnelllebig, dass man schwer einschätzen kann, wie stark sie tatsächlich einen bleibenden Eindruck hinterlassen.