Altersvorsorge in der Schweiz. Das Wichtigste auf einen Blick.
Wie wird die Altersvorsorge in der Schweiz zukünftig aussehen? Und wie lassen sich Lücken in der eigenen Vorsorge vermeiden? Lesen Sie das Wichtigste zu den aktuellen Entwicklungen in der AHV, Pensionskasse und der 3. Säule und wie Erwerbstätige optimal fürs Alter vorsorgen.
Schweizerinnen und Schweizer sorgen sich um die Altersvorsorge
Der Zustand der Altersvorsorge ist eine grosse Sorge der Schweizer Bevölkerung. Das zeigt das Sorgenbarometer der Credit Suisse (PDF), in dem das Thema Vorsorge/AHV regelmässig einen Spitzenplatz bei der Frage nach den dringlichsten Problemen einnimmt. Ursache dafür sind Probleme in der obligatorischen Vorsorge, die bei der Bevölkerung Angst vor Rentenkürzungen auslösen.
Die Altersvorsorge in der Schweiz steht vor grossen Herausforderungen
Ein wichtiger Grund für die anhaltenden Finanzierungsprobleme in der obligatorischen Vorsorge ist die demografische Entwicklung. Dank einer besseren Ernährung und medizinischen Fortschritten stieg die durchschnittliche Lebenserwartung von Frauen hierzulande zwischen 1981 und 2015 von 79,2 auf 84,9 Jahre an. Bei Männern nahm sie im selben Zeitraum von 72,4 auf 80,7 Jahre zu. Zudem fühlen sich ältere Menschen fitter und jünger als je zuvor. Gleichzeitig nahm die Zahl der Kinder pro Familie ab. Die Folge: Es gibt immer mehr Pensionierte, während die Zahl der Erwerbstätigen, welche die Renten finanzieren, kontinuierlich abnimmt.
Das Schweizer Vorsorgesystem wird angepasst
Mit der Pensionierung der Babyboomer-Generation wird sich diese Problematik zusätzlich verschärfen. Bis ins Jahr 2040 dürfte das Verhältnis von Rentnerinnen und Rentnern zu Erwerbstätigen lediglich noch eins zu zwei betragen. So entsteht die Gefahr, dass die Renten langfristig sinken könnten und die Solidarität zwischen Erwerbstätigen und Pensionierten strapaziert wird.
Veränderungen am Rentensystem sind daher unumgänglich. Es gilt zu verhindern, dass die finanzielle Belastung für junge Erwerbstätige zu gross wird. Zudem müssen die erbrachten Leistungen in Einklang mit den veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gebracht werden. Denn mit dem Zinsumfeld und wirtschaftlichen Unsicherheiten können Pensionskassen nicht mehr gleich hohe Jahresrenditen erzielen wie früher.
Mit der Reform AHV 21 stimmte das Schweizer Stimmvolk am 25. September 2022 äusserst knapp der Revision des Schweizer Vorsorgesystems zu. Damit ist die 1. Säule bis etwa 2030 finanziell stabilisiert.
Das ist allerdings nur ein erster Schritt und reicht alleine nicht aus. Für eine nachhaltige Sanierung der Schweizer Vorsorgelandschaft sind umfassendere Reformen nötig: so auch in der 2. Säule.
Wie entwickelt sich die Altersvorsorge in Zukunft weiter?
Das Vorsorgesystem wird nicht zuletzt aufgrund der Folgen der demografischen Entwicklung in Zukunft anders aussehen müssen als heute. Diesem Umstand trägt die Reform AHV 21 Rechnung, indem sie Anreize für ein längeres Arbeitsleben schafft und das Referenzalter flexibilisiert. Das heutige Niveau der Renten in der 1. und 2. Säule beizubehalten wird jedoch schwierig. In der obligatorischen Vorsorge müssen darum auch Veränderungen in Bezug auf die Finanzierung der Renten stattfinden – wie etwa durch eine Senkung des Umwandlungssatzes in der 2. Säule.
Eigenverantwortung in der Vorsorge wird wichtiger
Umso mehr gewinnt die Eigenverantwortung in der Vorsorge an Bedeutung. Wichtig dabei: Je früher Erwerbstätige mit der Planung ihrer Altersvorsorge beginnen, desto besser. Denn eine zu späte Vorsorgeplanung verhindert viele Optimierungsmöglichkeiten und kann zu Vorsorgelücken führen – mit spürbaren finanziellen Folgen im Alter. Zudem sollte man sich wichtige Entscheide, etwa über die Art des Rentenbezugs oder eine Frühpensionierung, bereits fünf bis zehn Jahre vor dem Zeitpunkt der Pensionierung überlegen.
Ebenso bleibt das freiwillige Alterssparen in der 3. Säule ein zentraler Pfeiler der persönlichen Vorsorge. Auch hier zahlt sich frühes Sparen langfristig aus. Wer bereits in jungen Jahren einen regelmässigen Beitrag leisten kann, profitiert davon dank des Zinseszinseffekts langfristig sehr stark – auch wenn nicht der Maximalbetrag eingezahlt wird.
Viele Erwerbstätige nutzen die Säule 3a nicht
Die Säule 3a eignet sich nicht nur, um allfällige Vorsorgelücken in der 1. und 2. Säule zu decken, sondern auch, um Steuern zu sparen. Zum einen können Erwerbstätige die geleisteten Beiträge vom steuerbaren Einkommen abziehen. Zum anderen bieten sich auch beim Bezug des Säule-3a-Kapitals Möglichkeiten, Steuerersparnisse zu erzielen. Wer beispielsweise mehrere 3a-Konten hat und das Kapital gestaffelt statt auf einmal bezieht, kann je nach Kanton von einer insgesamt tieferen Steuerbelastung profitieren.
Dennoch sparen viele Erwerbstätige in der Schweiz noch keine Vorsorgegelder in der Säule 3a an. Gemäss einer Erhebung des Bundesamts für Statistik zahlten 2019 38 Prozent aller Erwerbstätigen zwischen 25 und 64 Jahren keine Beiträge in ihre 3. Säule ein. Das gilt insbesondere für junge Erwerbstätige und Frauen.
Erwerbsunterbrüche sind oft Ursachen von Lücken in der Vorsorge
Besonders kritisch ist die Altersvorsorge für Erwerbstätige, die Teilzeit arbeiten oder längere Erwerbsunterbrüche haben – beispielsweise durch einen Mutterschaftsurlaub. Diese beiden Faktoren erhöhen das Risiko für Vorsorgelücken und damit finanzielle Einbussen nach der Pensionierung. Dies betrifft auch heute noch in erster Linie Frauen, da sie häufiger auf flexible Arbeitsformen setzen als Männer oder die Erwerbstätigkeit unterbrechen, um Pflichten innerhalb der Familie wahrzunehmen.
Mögliche Folgen von Erwerbsunterbrüchen und Teilzeitarbeit für die Vorsorge
Folgen in der 1. Säule
Wer nicht oder nur ein sehr geringes Pensum arbeitet, muss den jährlichen AHV-Mindestbeitrag einzahlen. Ansonsten entsteht eine Beitragslücke, die zu einer Kürzung der AHV-Rente von 1/44 pro fehlendem Beitragsjahr führt. Bereits bestehende AHV-Beitragslücken können grundsätzlich nur innerhalb von fünf Jahren nach ihrem Entstehen noch geschlossen werden.
Mit Inkrafttreten der Reform AHV 21 kommt ab 2024 neu die Möglichkeit dazu, bei Weiterarbeit über das Referenzalter 65 hinaus die bezahlten AHV-Beiträge für die Rentenberechnung berücksichtigen zu lassen. Auf diese Weise können frühere Beitragslücken geschlossen werden. Eine solche Neuberechnung unter Berücksichtigung von AHV-Beiträgen, die nach dem Referenzalter bezahlt wurden, kann aber nur einmal verlangt werden. Der Antrag sollte erst gemacht werden, wenn man nicht mehr oder kaum noch erwerbstätig ist und weitere Beiträge keinen Unterschied mehr machen.
Folgen in der 2. Säule
Insbesondere in der Pensionskasse gilt: Je geringer das Pensum und der Lohn, desto gravierender sind die Auswirkungen auf das Alterseinkommen. Arbeitgeber müssen ihre Angestellten erst ab einem jährlichen Einkommen von CHF 22’050 (Stand 2023) in die Pensionskasse aufnehmen. Ebenfalls grosse Auswirkungen auf die BVG-Rente von Teilzeitbeschäftigten hat der sogenannte Koordinationsabzug, der zurzeit bei CHF 25’725 liegt (Stand: 2023). Er wird bei vielen Pensionskassen vom Lohn abgezogen, bevor dieser beitragspflichtig wird. Bei einem Erwerbsunterbruch kann man zudem nicht in die 2. Säule einzahlen.
Erwerbstätige, die in mehreren kleinen Pensen bei verschiedenen Arbeitgebern arbeiten, sind davon besonders betroffen. Für sie ist es sinnvoll, die einzelnen Löhne zusammenzulegen, sofern das Pensionskassenreglement dies erlaubt. Dadurch erhöht sich das versicherte Einkommen, zudem fällt der Koordinationsabzug nur einmal an. Allfällige Lücken in der 2. Säule können darüber hinaus durch einen späteren Einkauf in die Pensionskasse gemindert werden.
Folgen in der 3. Säule
Bei Teilzeitarbeit oder einem Erwerbsunterbruch ist es oft unmöglich, die vollen Beiträge in die Säule 3a zu leisten. Das ist problematisch, da diese Beiträge nicht nachträglich eingezahlt werden können, um die Lücken aufzufüllen. So kann die 3. Säule nicht zur Deckung von allfälligen Lücken in der obligatorischen Vorsorge verwendet werden. Es gibt aber politische Bestrebungen, nachträgliche Einzahlungen künftig zu ermöglichen. Ob das einst möglich sein wird und wann ein solches Gesetz in Kraft treten würde, ist allerdings noch offen.