Welche Auswirkungen hat die Zinswende auf das Immobilienportfolio?
Die Zinswende verändert den Immobilienmarkt in der Schweiz. Der Einfluss der Wertsteigerung auf die Gesamtrendite von Immobilienanlagen dürfte sinken. Wie institutionelle Investoren auf diese Entwicklungen reagieren können und ihre Immobilienportfolios für die Zukunft rüsten.
«Immobilien begleiten uns durch das ganze Leben und sind sehr sichtbar», sagt Stefan Meili, Leiter Pension Funds & Corporate Investors Region Zürich der Credit Suisse (Schweiz) AG an den Credit Suisse Immobilienmarktperspektiven 2023. Für die Bewertung von Immobilien spielten aber nicht nur die sichtbaren Teile eine wichtige Rolle, führt er fort, sondern auch unsichtbare, insbesondere die Zinsen.
Höhere Finanzierungskosten durch Zinswende
«Die Zinsen und Knappheit sind aktuell die zwei dominierenden Elemente auf dem Schweizer Immobilienmarkt», bestätigt Fredy Hasenmaile, Leiter Real Estate Economics der Credit Suisse AG. Die Zinswende habe eine Verdoppelung oder gar Verdreifachung der Hypothekarzinskostenbelastung zur Folge. Gleichzeitig stehe die Entwicklung der Diskontierungssätze 2023 vor einem Wendepunkt: Sie dürften über das gesamte Jahr erstmals seit langem wieder ansteigen. «Das löst einen gewissen Druck auf die Bewertungen aus», sagt Fredy Hasenmaile. Entsprechend seien Immobilienanlagen nicht mehr gleichermassen attraktiv wie in den vergangenen Jahren.
Anders als im Ausland zeigt sich der Immobilienmarkt in der Schweiz aber resilient. Ganz von Preiskorrekturen verschont würden zwar auch Schweizer Immobilien nicht, so Fredy Hasenmaile: «Aber der Markt steuert auf eine weiche Landung zu.» Die Preiskorrekturen dürften hierzulande im internationalen Vergleich in einem überschaubaren Rahmen bleiben. Das liegt auch am soliden wirtschaftlichen Umfeld hierzulande. Die Schweiz profitiert unter anderem von der verhältnismässig tiefen Inflation und entsprechend geringeren Zinserhöhungen.
Knappheit auf dem Schweizer Immobilienmarkt schafft Chancen
Zugleich stützt die Zuwanderung die Nachfrage nach Wohnungen und verschärft die Knappheit, das zweite bestimmende Thema auf dem Schweizer Immobilienmarkt. Die Hauptursache für die Knappheit ist klar: «Es wird schlicht und einfach zu wenig gebaut», fasst Fredy Hasenmaile zusammen. Eine Wohnmangellage werde kaum zu vermeiden sein.
Für Immobilieneigentümer bietet diese Entwicklung auch Chancen. Ab Juni 2023 dürften die Referenzzinssätze steigen und in Kombination mit den sinkenden Leerständen für höhere Mieten sorgen. «Wir bewegen uns in hohem Tempo von einem Mieter- hin zu einem Vermietermarkt», so Fredy Hasenmaile. Entsprechend positiv sind die Ertragsaussichten. Hinsichtlich der Gesamtrendite dürften die höheren Mieten den Rückgang bei den Wertsteigerungen allerdings nicht ganz kompensieren können.
Cashflow-Renditen sind bei Immobilienanlagen in Zukunft zentral
Für kotierte Immobilienfonds war 2022 ein aussergewöhnliches Jahr. Der Index verlor 15,2 Prozent. Christian Braun, Leiter Business Development Swiss Products der Credit Suisse Asset Management (Schweiz) AG schlüsselt die Performance genauer auf: «Die Ausschüttungsrenditen waren weiterhin solid, auch die Veränderungen bei den Nettoinventarwerten waren 2022 noch sehr positiv. Die Agios der Fonds sind jedoch im Mittel von 42 Prozent auf 13.6 Prozent gesunken.»
Bei Anlagestiftungen im Immobilienbereich sorgen die steigenden Diskontierungssätze für Risiken. Denn die guten Renditen in den letzten Jahren beruhten zu grossen Teilen auf Aufwertungen der Nettoinventarwerte. «Darum ist jetzt zentral, Anlagestiftungen zu halten, die eine attraktive Cash-Flow-Rendite bieten», hält Christian Braun fest. Hier trenne sich künftig die Spreu vom Weizen.
Fokus auf Nachhaltigkeit bei kommerziellen Immobilien
Was heisst das für das Management von Immobilienportfolios? Aktuell sei beim Kauf von Objekten ein sehr selektives Vorgehen ratsam, so Silvio Preisig, Leiter Real Estate Asset Management der Credit Suisse Asset Management (Schweiz) AG. «Das Cashflow-Management wird extrem wichtig sein, um die tendenziell sinkenden Wertsteigerungsrenditen zu kompensieren.» Bei Wohnimmobilien präsentiere sich die Ausgangslage hierfür äusserst positiv, Mietwachstum und Tiefstleerständen zum Dank. Aber auch der Büromarkt habe sich in den vergangenen 18 Monaten gut entwickelt.
Bei kommerziellen Immobilien sei zudem eine grosse Nachfrage nach energieeffizienten Gebäuden zu spüren. «Viele grosse Mieter suchen nach Green-Lease-Vereinbarungen, um ihre eigenen Nachhaltigkeitsstrategien zu erfüllen», führt Silvio Preisig aus. Auch die Thematik rund um flexibles Arbeiten und entsprechend flexible Mietmodelle werde den Markt auch in den kommenden Jahren bestimmen. Insgesamt zog Silvio Preisig denn auch trotz den aktuellen Risiken ein positives Fazit: «Das Glas ist weiterhin halbvoll. Wir sehen immer noch viele Chancen und Opportunitäten bei Immobilienanlagen.»